Entscheidung

Datum: 13.06.2016
Aktenzeichen: 3 Sa 23/16
Rechtsvorschriften: BGB; §§ 138 Abs. 1, 611, 612; MiLoG § 1 Abs. 1 und 2; Verordnung über die Prüfung zu anerkannten Fortbildungsabschlüssen in der Finanzdienstleistungswirtschaft: §§ 2, 3

  1. Ein fünfeinhalbjähriges Praktikum, das zur Zulassung zur Prüfung zum Fachberater für Finanz-dienstleistungen berechtigen soll, stellt ein Arbeitsverhältnis dar, wenn nach dem Praktikumsvertrag die für ein Arbeitsverhältnis typischen Rechte und Pflichten geregelt werden und die Beschäftigung sich nach wenigen Monaten auf dieselben einfachen Tätigkeiten beschränkt. Für ein Arbeitsverhältnis spricht des Weiteren die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die „Praktikantin“, die mit einer unterlassenen bzw. schlechten Erfüllung von Weisungen begründet werden.
  2. Eine Vergütungsabrede von € 300,00 brutto monatlich für einfache Bürotätigkeiten und Internetrecherchen ist nach § 138 Abs. 2 BGB wegen Lohnwuchers nichtig, wenn die Unerfahrenheit der Praktikantin („ärmliche Verhältnisse“) und ihre vergebliche Suche nach beruflicher Perspektive ausgenützt werden und die Arbeitgeberin sich wiederholt des Geschäftsmodells „Praktikum“ bedient.
  3. Für die Zeit vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes kann für die Vergütungsbestimmung auf die tarifliche Entlohnung in verwandten Branchen zurückgegriffen werden.
     

Berichtigungsbeschluss zu 3 Sa 23/16

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